Beziehungen sind gut, insbesondere wenn man dadurch in den Genuss kommt an einer Probefahrt des neuen ICE 4 teilnehmen zu können.
Mit dem ICE 4 (vormals ICx) möchte die Deutsche Bahn ihren Fuhrpark im Fernverkehr signifikant verjüngen. Damit sollen u.a. die 20 – 25 Jahre alten ICE 1 und 2 entlastet werden und mittelfristig alte IC-Züge ersetzen. 130 Triebzüge wird Siemens in den kommenden Jahren an die Deutsche Bahn liefern und eine Option für 170 weitere Triebzüge hat sich die Deutsche Bahn zudem gesichert.
Der ICE 4 wird in der Standardausführung als 12teiliger Triebzug geliefert und hat insgesamt 830 Sitzplätze, so viele wie kein anderer ICE-Typ. 205 Sitzplätze gibt es in der 1. Klasse, 625 Sitzplätze in der 2. Klasse. Im Bordrestaurant sind 22 Sitzplätze verfügbar. Erstmals bei einem ICE gibt es auch Fahrradabstellplätze, 8 Stück an der Zahl.
In diesem Artikel stelle ich die einzelnen Bereiche 1. Klasse, 2. Klasse, Bordrestaurant separat dar und gehe auf Pro und Contra ein. Außerdem gibt es meine Erfahrungen zum Fahrgefühl mit dem ICE 4.
Die 1. Klasse im ICE 4
Der 1. Klasse-Bereich befindet sich in den Wagen mit den Nummer 11, 12 und 14. Wie schon beim ICE 1 hat man auch hier auf einen Wagen mit der Nummer 13 verzichtet. Ein Schelm wer da an abergläubische Bahnreisende denkt. 😉
Die Wagen sind als Großraumwagen ausgeführt. Es gibt allerdings ein paar Einschränkungen. Neben den klassischen Großraumbereichen befinden sich in den Wagen 11 und 12 auch zwei kleinere Bereiche mit jeweils 14 Sitzplätzen. Wer also eigentlich lieber im Abteil reist, die es in der Form im ICE 4 nicht mehr gibt, der sollte in den Wagen 11 und 12 sich einen Sitzplatz mit dreistelliger Sitzplatznummer (101 ff.) reservieren.
Im Endwagen mit der Nummer 14 befindet sich direkt vor dem Führerstand ein kleiner abgetrennter Bereich mit 6 Sitzplätzen. Der erinnert an die Lounges im ICE-T, wobei es im ICE 4 keine Glaswand mit Blick in den Führerstand gibt. Aber ruhiger als im Großraumwagen dürfte man hier auf jeden Fall reisen. Außerdem gibt es einen weiteren Bereich mit 8 Sitzplätzen, der vom sonstigen Großraumwagen etwas abgetrennt ist.
Was positiv auffällt ist der Sitzabstand. Auch etwas größere Personen haben hier keine Probleme. Mit meinen 180 cm habe ich da sehr viel Beinabstand zum Vordersitz im Großraumbereich mit 2+1 Bestuhlung gehabt. Die Tische mit den Vis-a-vis-Plätzen gibt es auch im ICE 4. Das gewählte Holz der Tische wirkt wesentlich heller als das in den Vorgängerfahrzeugen. Oder vielleicht dunkelt das noch nach mit der Zeit?
An den anderen Plätzen sind wie gewohnt Klapptische an den Lehnen der Vordersitze angebracht. Die sind nicht riesig, aber ein Laptop findet da durchaus drauf Platz, wenn es nicht gerade ein 17″-Gerät ist.
Und da sind wir bei einem ganz wichtigen Thema: Strom. Den kann man hier aus Steckdosen beziehen, die unter dem Sitz (Einzelsitz) bzw. zwischen den Sitzen (Zweiersitz) angebracht sind. Pro Sitz gibt es eine Steckdose. Zwischen den Zweiersitzen gibt es zudem eine Ablagefläche. Da kann man dann z.B. die Vielfachsteckdose zwischenlagern. 😉
Lagern muß man auch irgendwo sein Gepäck. Da gibt es in den 1. Klasse-Wagen zwei Gepäckracks pro Wagen, wo man die Koffer unterbringen kann. Taschen und kleinere Koffer bekommt man aber auch bequem in den Gepäckablagen an den Seitenwänden unter. Für einen Koffer, der bei Fluglinien als Handgepäck durchgeht, ist da oben ausreichend Platz vorhanden.
Die Sitzfläche lässt der Sitzfläche lässt sich vorziehen und die Rückenlehne etwas schräger stellen. Dabei verschiebt sich aber nur die Lederfläche, die eigentliche feste Rückenlehne bleibt gerade. Dafür gibt es unter dem Sitz zwei separate Griffe.
Neu und definitiv positiv hervorzuheben: die Leselampen direkt am Sitz. Die sind neben der Kopfstütze angebracht. Sie lassen sich aber nicht verstellen. An und aus macht man sie, in dem man sie an der Seite nur ganz leicht berührt. Der Knopf dort ist sehr berührungsempfindlich.
Wer seinen reservierten Sitzplatz sucht, der muß zukünftig nicht mehr nach oben gucken. Die entsprechenden Sitzplatznummern und die Reservierungsanzeige befinden sich nun seitlich an den Kopfstützen. Ist zwar ungewohnt am Anfang, aber dennoch besser zu lesen als jetzt teilweise.
Negativ fiel auf, daß es auch im ICE 4 Fensterplätze gibt, die direkt neben der Wand sind, wo man also entweder gar nicht rausgucken kann oder nur ein kleines Stück Fenster hat. Auf jeden Fall sollte man da die Sitze mit den Nummern 5x und 7x lieber nicht reservieren, wenn man wirklich am Fenster sitzen möchte.
Was auch etwas „billig“ wirkte, waren die Armlehnen in der 1. Klasse. Da gibt es bessere, die nicht so flach und etwas weicher gepolstert sind.
Natürlich gibt es auch weiterhin den Am-Platz-Service. Anstelle der A3-Speisekarte hat man nun aber kleine quadratische Heftchen zum Blättern eingeführt. Wirkt auch irgendwie passender zur 1. Klasse.
Die 2. Klasse im ICE 4
Den größten Teil des ICE 4 nimmt natürlich die 2. Klasse ein. Diese haben die Wagennummern 1-7 und 9, die Wagennummer 8 ist nicht vergeben. Die Wagen 2-7 sind ausschließlich als Großraumwagen ausgeführt, echte Abteile gibt es im ICE 4 nicht mehr. Wer etwas abgeschotteter sitzen möchte, der bucht sich einen der Sitzplätze im Wagen 1 am Führerstandsende. Dort gibt es einen kleinen Bereich mit lediglich 8 Sitzplätzen, der mehr Ruhe als ein Großraumabteil verspricht.
Direkt an diesen Bereich schließt übrigens der Abstellbereich für Fahrräder an. Dort kann man acht solcher Gefährte sicher verwahren. Die Plätze muß man vorher reservieren, ansonsten kann es sein, daß man nicht mitgenommen wird mit dem Fahrrad.
Und bevor über die Zahl von „nur“ acht Fahrradplätzen gemeckert wird: das sind acht Stück mehr als jeder andere ICE bisher hatte. Bei 130 Triebzügen macht das 1040 zusätzliche Fahrradstellplätze in Zügen des Fernverkehrs. Wird die Option von 170 weiteren Triebzügen eingelöst, steigt die Zahl der Fahrradstellplätze auf 2400 Stück.
Auch in der 2. Klasse fällt einem die gute Beinfreiheit auf. Sie ist zwar geringer als in der 1. Klasse, was auch nachvollziehbar ist, aber dennoch recht gut. Auch Personen, die etwas größer sind, können da bequem sitzen. Hier gibt es zum Verstellen der Sitzfläche nur einen Griff unter dem Sitz. Desweiteren gibt es hier bei den Zweiersitzen nur eine Steckdose. Da ist das Mitführen einer Vielfachsteckdose sicher nicht ganz unangebracht.
Für das Gepäck stehen hier pro Wagen vier große Gepäckracks und die Gepäckablagen über den Sitzen zur Verfügung. Die Gepäckracks sind zweireihig aufgebaut, da passt also jede Menge rein. Probleme wegen zu viel Gepäck dürfte es hier meiner Meinung nach nicht geben. Aber Achtung: größere Menschen, die einen Fensterplatz haben, sollten beim Aufstehen etwas vorsichtig sein, sonst stoßen sie eventuell mit dem Kopf an die Gepäckablage über ihnen.
Im Wagen 9 sieht es etwas anders aus, denn der beherbergt das Familien- und Behindertenabteil. Hier gibt es weniger Sitzplätze, dafür mehr Platz für Rollstühle und Kinderwagen und eine behindertengerechte Toilette. Der dortige Familienbereich ist auch über den Sitzen mit einem entsprechenden Schriftzug gekennzeichnet.
Wer also mit Kindern reist, sollte bei einer Reservierung den Wagen 9 dafür auswählen. Außerdem gibt es hier ein Kleinkindabteil mit fünf Sitzen, wo man dann einfach die Tür zu macht und seine Ruhe hat. Den Familienbereich gibt es ausschließlich in der 2. Klasse.
Bordrestaurant und Bordbistro im ICE 4
Direkt zwischen 1. und 2. Klasse befindet sich der Wagen 10, der das Bordrestaurant und das Bordbistro beherbergt. Von der 1. Klasse kommend, gelangt man unmittelbar ins Bordrestaurant. 2. Klasse-Fahrgäste kommen zuerst zum Bordbistro, wo man sich Snacks und Getränke zum Mitnehmen an den Platz holen kann.
22 Sitzplätze gibt es im Bordrestaurant. Im Normalfall dürfte das vollkommen ausreichend sein, da es im 1. Klasse-Bereich auch möglich ist Essen und Getränke an den Platz bringen zu lassen. Negativ auffallend ist der sehr sehr schmale Gang zwischen Bordrestaurant und Bordbistro. Begegnungen in dem Bereich sind praktisch unmöglich. Also: wer sehr dick ist und 2. Klasse fährt, sollte sich auf was zu Essen vom Bordbistro beschränken und nicht den Drang verspüren sich ins Bordrestaurant setzen zu wollen.
Was im Bordbistro übrigens positiv auffällt, ist die Glasvitrine in der alles gut sichtbar präsentiert wird. Da bekommt man gleich noch mehr Appetit und so soll das eigentlich auch sein.
Fahrgefühl im neuen ICE 4
Das Wichtigste ist natürlich das Fahrgefühl im neuen ICE 4. Zuerst einmal: er ist leise, sehr leise sogar. Eigentlich kann man sagen, daß der ICE 4 von innen unhörbar ist. Man bekommt akustisch gar nicht mit, daß man fährt. Von außen klingt er etwas lauter, aber das kann einem egal sein, wenn man drinnen sitzt. Im Video von Sabine Pfohl kann man das hören.
Tschüss. pic.twitter.com/FdFw3LtXeD
— Bine (@Sabine_Pfohl) October 8, 2016
Die Sitze sind sehr bequem, zumindest empfand ich das so, und so kann man da entspannt eine längere Fahrt drin sitzen.
Auffällig ist ein ganz ganz leichtes Schwanken, das man aber gar nicht richtig mitbekommt, wenn man nicht drauf achtet. Besonders in den als Powerpack ausgestatteten Wagen dürfte das feststellbar sein, weil sich da die Motortechnik unterflur befindet. Es ist aber zum einen nicht wirklich unangenehm und fällt zum anderen auch nur auf, wenn man es weiß oder ganz genau drauf achtet. Ansonsten bekommt man davon gar nichts mit, auch nicht bei höheren Geschwindigkeiten.
Was auch zu einem positiven Fahrgefühl beitragen soll, ist die Beleuchtung der Wagen. Diese verändert sich farblich je nach Tageszeit, was auch zu mehr Entspannung für soll.
Zusammengefasst kann man sagen, daß sich die Fahrgäste wirklich auf den neuen ICE 4 freuen dürfen. Bis auf die fehlenden Abteilwagen ist der Zug wirklich perfekt aus Fahrgastsicht und dürfte wohl auch die Fahrgastzahlen im Fernverkehr weiter steigen lassen.
„Mit dem ICE 4 (vormals ICx) möchte die Deutsche Bahn ihren Fuhrpark im Fernverkehr signifikant verjüngen. Damit sollen u.a. die 20 – 25 Jahre alten ICE 1 und 2 entlastet werden und mittelfristig alte IC-Züge ersetzen.“
Das ist so nicht ganz richtig. Der ICE 4 wird nicht alte IC-Züge ersetzen, sondern sowohl den ICE 1 als auch den ICE 2. Die alten IC-Züge werden vom IC 2 (Dosto) ersetzt.
Jein: Der ICE 4 ersetzt den ICE 1 und 2. Die wiederum wandern in die IC-Dienste ab. Der IC2 ist nur eine Zwischenlösung, bis genug ICE 1 und 2 in den höherwertigen Diensten freiwerden. Zumal wohl die DB doch nicht alle bestellten IC 2 bekommt, die einst angedacht waren. Grund sind die technischen Unzulänglichkeiten, die Bombardier nicht in den Griff bekommt.
MoinMoin aus Flensburg. Seit Tagen suche ich nach einem Sitzplan des ICE 4, werde aber nicht fündig. Kann mir jemand helfen ?